Antisemitismus im Amateurfußball

Wer einen Einblick gewinnen will, wie gravierend muslimisch-arabischer Antisemitismus im Amateurfußball den Alltag von Mitgliedern jüdischer Vereine prägt, dem sei folgender Artikel ans Herz gelegt.

Wenn Ariel Leibovici, der seit 32 Jahren Mitglied im jüdischen Sportverband Makkabi ist, schildert, dass in den letzten Jahren antisemitische Angriffe fast ausschließlich von Menschen mit muslimisch-arabischem Hintergrund begangen werden, so steht dies in einem starken Widerspruch zu der zur Relativierung dieses Problems gerne herangezogenen Polizeistatistik, die über 90% der aktenkundigen antisemitischen Straftaten dem rechten politischen Spektrum zuschreiben.

Wie es zu dieser Verzerrung kommt, ist jedoch einfach zu erklären: Nach der bundesweit einheitlichen Polizeistatistik zur politisch motivierten Kriminalität werden laut Claudia Vanoni, der Antisemitismusbeauftragten des Landes Berlin, antisemitische Straftaten bereits dann als rechtsmotiviert eingestuft, wenn diese „keinem anderen Phänomenbereich der politisch motivierten Kriminalität zugeordnet werden können und keine Hinweise gegen eine rechtsgerichtete Motivation sprechen“. Dies ist auch dann der Fall, wenn etwa auf der alljährlichen Al Quds-Demo Hizbollah-Anhänger den Hitlergruß zeigen.

In einer Studie von Dr. Julia Bernstein, die 2017 im Auftrag des Unabhängigen Expertenkreises Antisemitismus durchgeführt wurde, gaben hingegen 80 Prozent derer, die körperlich antisemitisch angegriffen wurden, an, dass die Täter einen mutmaßlich muslimischen Hintergrund hatten.

Gerade diese unmittelbare körperliche Bedrohung, wird anhand der Zustände im Amateurfußball in diesem Artikel gut veranschaulicht. Im „Kleinen“ des Fußballfelds wiederholt sich hier, was in Wohnvierteln mit hohem muslimischen Migrationsanteil wie Neukölln die Regel ist: Dass nämlich die körperliche Unversehrtheit jüdischer Menschen und jener, die mit dem jüdischen Staat Israel in Verbindung gebracht werden, alles andere als gesichert ist und dass gerade jene Muslime, die dem antisemitischen Mainstream nicht entsprechen – wie jene, die in einem jüdischen Verein mitspielen – gleichfalls angegriffen und zu „Verrätern“ gestempelt werden.

Die Verharmlosung des muslimischen Antisemitismus durch die Polizeistatistik ist damit nur der formell-pragmatische Ausdruck der faktischen politischen Ignoranz und staatlichen Untätigkeit, die die Opfer der Gewalt auf sich selbst gestellt im Stich lässt und damit ungeschützt der Gewalt ausliefert.

Wenn sich – wie hier geschildert – Spieler von Makkabi in den Umkleidekabinen einsperren müssen, um sich vor der antisemitischen Gewalt der gegnerischen Mannschaft in Sicherheit zu bringen, wenn Rufe wie „Free Palestine“ oder „Kindermörder Israel“ am Spielfeldrand an der Tagesordnung sind, wenn dem Trainerassistenten ins Gesicht geschlagen wird und der Schiedsrichter vom jüdischen Team zum Auto eskortiert werden muss, weil ihm vorgeworfen wird, er sei von den Juden gekauft worden, wenn Spieler das Spielfeld aus Angst verlassen und andere Angst um ihr Leben haben müssen und die Täter dafür letztlich mit einer Geldstrafe von 49,60 Euro und einem „Konflikttraining“ davonkommen, ist es kein Wunder, wenn sich jüdisches Leben aus der Öffentlichkeit zurückzieht – wie etwa die 2015 neu gegründete dritte Herrenmannschaft von Makkabi Berlin, die sich angesichts der ständigen antisemitischen Attacken wieder aufgelöst hat.

Zur Antisemitismusbeauftragten:
https://www.morgenpost.de/berlin/article216509679/Die-Hemmschwelle-fuer-antisemitische-Gewalt-sinkt.html

Zur Polizeistatistik:
https://causa.tagesspiegel.de/kolumnen/causa-autoren-1/die-amtliche-polizeistatistik-zum-antisemitismus-muss-ueberarbeitet-werden.html

Zur Studie des Expertenrat Antisemitismus: Bernstein, Zick, Hövermann
und Jensen (2017): Jüdische Perspektiven auf Antisemitismus in
Deutschland. Ein Studienbericht für den Expertenrat Antisemitismus.
https://uni-bielefeld.de/ikg/daten/JuPe_Bericht_April2017.pdf